Am 21.10.2019 haben wir am PMO-Tag in Nürnberg teilgenommen. Der PMO-Tag bietet eine gute Plattform für den Austausch über neue Methoden und Techniken rund um ein erfolgreiches PMO.

‚PMO als Strategie-Partner‘ oder auch ‚die agile Arbeitsagentur, die ihren Erfolg an der Zufriedenheit ihrer Kunden misst‘ waren nur einige der vielen Themen vom PMO Tag 2019.

Zur Veranstaltung selbst

Der PMO Tag wird im Rahmen des mehrtägigen PM Forums auf dem Messegelände in Nürnberg ein Mal im Jahr veranstaltet. Er gilt als der Kongress für PMO-Experten aus allen Branchen und ist die führende deutsche Veranstaltung mit diesem Fokus. Neben Entscheidungsträgern aus dem Enterprise-Umfeld sind Projekt Management Experten, Hersteller von PM Software und viele andere interessante Persönlichkeiten aus dem Business, Funk und Fernsehen zugegen. Spannende Vorträge über PM-Fachthemen, Erfolgs- und Failure-Stories, brandneue Inspirationen sowie Netzwerkmöglichkeiten en masse machen diese Veranstaltung zu einem wirklich lohnenden Invest in die eigene Entwicklung.

Über die Arbeit und über leise Töne

In diesem Jahr Stand der PMO Tag unter dem Motto „Über die Arbeit und über leise Töne“. Darunter kann sich nun vielleicht nicht jeder sofort etwas vorstellen – bei mir selbst hat die Headline schon vor der Veranstaltung selbst viele Fragen aufgeworfen – ich versprach mir aber viel vom Programm.
Soviel sei vorweggenommen; ich sollte nicht enttäuscht werden.

Zwei Themen möchte ich in dieser kurzen Abhandlung zur Veranstaltung mal aufgreifen, da sie mich besonders beeindruckt haben.

1. Die Bundesagentur für Arbeit kann agil

…und nicht nur das. Sie misst den Erfolg der Agentur und in der letzten Konsequenz sogar die Bonuszahlungen des Managements an der Zufriedenheit ihrer Kunden. Zugegeben: beides hat mich gleichermaßen überrascht.

Überrascht haben mich auch die Erkenntnisse der Projektarbeit vergangener Monate im Hause der BA. Das klassische Reporting (bottom-up) scheint in weiten Teilen im Projektumfeld der Agentur nicht effizient und schon gar nicht mehr sinnvoll. Einfaches „Miteinander sprechen“ und eine Reduzierung der Regelmeetings, begrenzt auf Risiko-Runden und Stand-Ups, führten zu erhöhter Produktivität und scheinen selbst im konservativen Geflecht einer Behörde besser zu funktionieren, um schneller ans gemeinsame Ziel zu kommen. Zudem, so führte der Referent Werner Motzet aus, freut sich das mittlere und untere Management über bis zu 18 (!) Stunden dadurch gewonnene freie Arbeitszeit pro Woche… Viele bedankten sich unlängst persönlich dafür bei ihren jeweiligen Führungskräften.
Überhaupt, man wolle den Wassermelonen-Status (außen grün, innen rot) nicht mehr vorgeschwindelt bekommen und erkenne darin keinen Mehrwert. Stattdessen hat man miteinander geredet und sich in traditioneller Kommunikation geübt. Dies führte wohl zu vielerlei erfreulichen Nebeneffekten. So kam es u.a. zu einer ganz neuen Art von Transparenz, die sich viel dichter an der Realität wiederfand. Nicht zuletzt konnte dadurch die Führungsebene auch die agile Zusammenarbeit ihren Mitarbeitern vorleben.

Ebenso wurde Scrum als Methodik nicht dem Unternehmen übergestülpt und damit ein Change erzwungen, sondern es wurde ausprobiert – aber, und das ist wichtig, freiwillig. Die Freiwilligen mussten für dieses Privileg vorab sogar einen Bewerbungsprozess durchlaufen. Die Neugierde dafür musste natürlich zunächst geweckt werden. „Lust drauf machen“ lautete dabei die Maxime der Multiplikatoren. „Angebote statt Pflicht“ ihr Kredo. „Weitererzählen und persönliches Einladen statt Weisung“ ihre Werbestrategie.

Eine wichtige Erkenntnis zusammengefasst ist daher, dass man die innere Haltung nicht anordnen kann – Culture eats strategy for breakfast.

Man kann festhalten: Es war allen Teilnehmern am Ende ernst und man ist Scrum bewusst und gewollt von jeder Seite angegangen. Nach vier Wochen war klar, Scrum hat eine erste Erfolgsgeschichte in der BA geschrieben und es soll weiter gehen… Wir wünschen viel Erfolg!

Mein Resümee:
Die identifizierten Erfolgsfaktoren für Scrum in der BA waren im Wesentlichen die Abschaffung von Regelmeetings, das gewollte Experimentieren statt gezwungene Changes, der freiwillige Charakter, ausreichende Feedback-Runden und regelmäßige Lessons-learned, intensives Trainings und Coaching, eine schlanke Organisation sowie das „Vorleben“ der Führungskräfte (sicher mit der wichtigste Punkt).

Life Long Learning (LLL) gilt nämlich auch für die Herren der Schöpfung im Elfenbeinturm, so Herr Motzet. „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmer mehr“ habe demnach ausgedient.

2. Das PMO als Strategie-Partner

… sicher eine starke Headline, die offene Türen bei ihrer Audienz einrennt.

Vorweg: Ja, ein PMO muss Mehrwerte schaffen. Diese Mehrwerte können verschiedenster Natur sein, das liegt allerdings nicht zuletzt immer in der Anforderung des Projektsponsors oder Auftraggebers.

Der hier propagierte Ansatz zielt vor allem auf monetäre Mehrwerte ab und will diese über Dezentralisierung von PM Rollen erreichen. Dabei wurden alle Rollen rund um die Themen Projektleitung und -administration sowie das Coaching und Trainings in die Projekte selbst verlagert. Die Bereiche (Projekt-) Prozessmanagement sowie Projektauditierung verblieben in diesem Ansatz zentral in der Stabsstelle des CEO. Ebenso wird aus dem strategischen PMO das Multiprojekt-Reporting, Coaching bei strategischen Projekten, Portfolio Management und das Multiressourcen Management gestemmt. Hier sei angemerkt, dass das Projekt Portfolio Management nicht zu den klassischen Aufgaben eines PMOs gehört.

Erste Erfolge seien mit dem Helikopter-Ansatz bereits hergestellt, berichtet Heiko Frank (Head of Project Management der Wittenstein SE). So steigerte sich unlängst die „Schlagkraft“ des PMOs. Dies hat auch zur Folge, dass Prozesse besser und öfter gelebt würden. Zudem seien Verantwortlichkeiten klarer geregelt und Entscheidungen sollen durch die Vorstandsnähe schneller getroffen werden können. Zu guter Letzt seien dezentrale PM Einheiten in der Folge auch spezialisierte Experten in ihrem jeweiligen Fachbereich geworden.

Resümee:
Durch Dezentralisierung von PM Einheiten wird immer Fachwissen und Expertise aufgebaut, die, so hat uns die Erfahrung gelehrt, später schwerer in anderen Umgebungen einzusetzen sind. Wenn Unternehmen ihre Projektmanager in eine „Ecke“ drängen, dann müssen sie ggf. zu einem späteren Zeitpunkt die an anderer Stelle fehlenden Projektmanager-Ressourcen zukaufen oder intern besetzen, obgleich die reine Ressourcenverfügbarkeit einen anderen Schluss zulassen könnte. Uns selbst hat in vergangenen Projekten immer wieder die Realität eingeholt, wenn ähnliche Einheiten aufgebaut werden sollten. Diese Erkenntnisse ist zwar kein Show-Stopper, aber jeder geniale Plan hat auch immer eine Kehrseite die man sich zumindest bewusst machen und damit einhergehende Risiken behandeln, im besten Fall mitigieren sollte. Sicher ist: die Wenigsten haben ein Substitut für das Kochen mit Wasser erfunden. Ob hier letzten Endes wirklich Geld eingespart werden kann und sich ein zentrales PMO an monetären Effizienz-Kriterien messen lassen kann ist sicher die Herausforderung, die es zu meistern gilt. Ein Selbstläufer ist das aber in der Konsequenz nicht zwangsläufig.