Distance Leadership – Führung standortverteilter Teams

7.05.2020

Die Führung von Mitarbeitern gilt als komplexer Themenbereich, der jedoch durch diverse Forschungen in der Vergangenheit mittlerweile gut messbar und auch prognostizierbar ist. Trotzdem behandeln etablierte Theorien, die sich mit Wirkung und Erfolg von Führung von Mitarbeitern beschäftigen, zu einem nur sehr geringen Teil den Faktor der Dezentralisierung, der durch neue Technologien stetig gefördert wird. In welchem Zusammenhang stehen also Führungskräftetheorien mit der Dezentralisierung auf Grundlage der Digitalisierung? 

Der Forschungsbereich „Führungskräfte“ 

Es steht außer Frage, dass der Begriff der Führung von Mitarbeitern und Kollegen häufig einer subjektiven Einschätzung und Konnotation unterliegt. So wird der Erfolg von Führung, ungeachtet der statistischen Messbarkeit, von einer betroffenen Person häufig von individueller Wahrnehmung und Empfindung geprägt. Beruht Erfolgsempfinden nun aber auf Wahrnehmung und ist diese selektiv und konstruktiv, dann erscheint die Einschätzung nicht immer verlässlich. 

Trotzdem ist es aufgrund der jahrelangen Forschung möglich, den Erfolg von Führung statistisch messbar zu machen. Grundsätzlich kann bei der Vorhersage von Führungserfolg zwischen zwei verschiedenen Ausgangspunkten unterschieden werden: Einerseits können die Persönlichkeitseigenschaften, andererseits die Verhaltensweisen der führenden Person betrachtet werden. Logischerweise bestehen auch hier Zusammenhänge zwischen den Bereichen – so ist unbestritten, dass das Verhalten zu einem bestimmten Teil durch die Persönlichkeit einer handelnden Person beeinflusst wird.  

Diverse Studien aus diesem Forschungsbereich lassen darauf schließen, dass die Bewertung des Führungserfolgs stark von den Erwartungen der geführten Personen (bspw. Mitarbeiter) und den Eigenschaften und Verhaltensweisen der Führungskräfte abhängig ist. Was ein Mitarbeiter also schlussendlich als erfolgreiche Führung interpretiert – objektive Messzahlen (Key Performance Indicatorsausgenommen – hängt also stark von den individuellen Vorstellungen und Zielen ab.  

Der Einfluss technischer Infrastruktur  

Wenn also schlussfolgernd davon ausgegangen wird, dass der Führungserfolg als Mischung der Erwartungshaltung der geführten Personen und Verhalten oder Eigenschaften der Führungspersonen zu betrachten ist, kommt der Kommunikation der beteiligten Parteien eine gesteigerte Rolle zu. Insofern gilt die technische Infrastruktur als relevante Variable, dessen Einfluss auf den Kommunikationsprozess nicht unterschätzt werden sollte – dies gilt insbesondere für dezentrale Tätigkeiten. So unterstützen individualisierte Systeme dabei, die Kommunikation direkt und effizient zu gestalten. Wenn bspw. schnell ersichtlich ist, welche Person gerade erreichbar ist, kann dies den Beginn einer Kommunikation vereinfachen.   

Vielfältige technische Möglichkeiten laden dazu ein, die Kommunikationsinterna bewusst differenzierter auszugestalten. Die persönliche Interaktion im direkten Kontakt bietet z.B. Ausdrucksweisen und auch nonverbale Sprachebenen, die bei einfachem Schriftverkehr (ohne Mimik und Gestik) ggf. zu Missverständnissen führen. 

Viele der meistgenutzten Kommunikationssysteme bieten mittlerweile die Möglichkeit, die (durch die schriftliche Kommunikation) verlorengegangene Mimik und Gestik durch Smileys und Emoticons auszudrücken. Nun ist es durchaus verständlich, diesen Ausdrucksformen im professionellen Kontext mit gesunder Skepsis zu begegnen – trotzdem sollte die Möglichkeit der Nutzung nicht grundsätzlich abgelehnt werden. Gerade in kleineren Teams können dadurch für die zwischenmenschliche Kommunikation wichtige Emotionen einfach ausgedrückt und verstanden werden.   

Außerdem werden Smileys und Emoticons für die private Kommunikation immer wichtiger, wieso sollte dieser Kommunikationsvorteil im professionellen Kontext also ignoriert und nicht gewinnbringend eingebracht werden?  

Fazit  

In welchem Rahmen lassen sich die Erkenntnisse der Führungskräfteforschung schlussendlich auf die Standortverteilung der Teams, wie sie bspw. im Home-Office gegeben ist, anwenden? Generell kann davon ausgegangen werden, dass auch bei der Kommunikation an verschiedenen Standorten keine einschneidenden Veränderungen zu erwarten sind. Selbstverständlich gibt es gewisse Änderungen – so fällt z.B. das Gespräch beim Kaffee mit den Kolleginnen und Kollegen nach der Mittagspause aus. Trotzdem hängt die Kommunikation zwischen Führungskraft und Mitarbeiter von verschiedenen Variablen ab, wodurch der Standort der Teilnehmer durch die technischen Möglichkeiten eher eine untergeordnete Rolle spielt.  

Lessons learned: Sehen Sie eine Dezentralisierung der Tätigkeit als Chance, auch ohne persönlichen Kontakt eine gute und menschlich bleibende Kommunikation aufrechtzuerhalten.  

Der Autor: Dominik Großmann ist als Associate Consultant bei der Blue Mountain Consulting GmbH tätig und verantwortet neben der Beratertätigkeit verschiedene Projekte im Rahmen der Websiteentwicklung.